Kritik Weihnachtskonzerte 2021

Licht und Leichtigkeit durch Musik

Schaffhauser Nachrichten 30.11.21

Selten gehört als Soloinstrument, kam die Harfe in einem denkwürdigen Konzert des Kammerorchesters des Musik-Collegiums Schaffhausen am 1. Advent in Diessenhofen zur Geltung. Eine Flöte gesellte sich dazu. 

Johannes von Arx DIESSENHOFEN

 Wenn vom ersten Ton an viel Bewegung vorherrscht, Tonarten hektisch wechseln, ein Ton mitreissend umspielt wird, vertraute Klänge durch die Kirche dringen, dann liegt Felix Mendelssohn als vermuteter Schöpfer weit vorne. Und es war denn auch der Felix, der mit zwölf Jahren gleich zwölf Streichersinfonien buchstäblich «hinlegte». Ein Frühreifer, dessen Musik das spätere Genie vorausahnen lässt. Etwa im ersten Satz eines dieser Werke, wo Mendelssohn die Violinen mit einem Pizzicato der Celli dialogisieren lässt, um flugs wieder zum klangvollen Tutti zurückzukehren. Lächelnd, kraftvoll und mit präziser Gestik gibt die Leiterin und Dirigentin des Kammerorchesters des Musik-Collegiums Schaffhausen, Annedore Neufeld, den Einsatz zum kurzen Schlusssatz. Das Orchester lässt sich von ihrer Ausstrahlung mitreissen. Nun wendet sie sich zum Publikum, das die Evangelische Stadtkirche Diessenhofen fast ausfüllt. «Wir wollen mit diesem Konzert allen etwas Licht und Leichtigkeit schenken in dieser schwierigen Situation», sagt sie. Und dann lädt Neufeld begabte Geigerinnen und Geiger ein, zukünftig in ihrem Kammerorchester mitzuspielen. 

Verkapptes Harfenkonzert 

Jetzt richten sich die Blicke erwartungsvoll auf das grosse, reich verzierte Instrument, das neben das Dirigentenpult gerollt wird. Zum Soloinstrument arriviert die Harfe nur selten, erklärtermassen ist sie es auch nicht in den folgenden beiden Stücken von Claude Debussy. Aber wenn sie der zunächst schwermütig daherkommenden Musik hellere Töne entgegensetzt, in einem Solo ihren warmen Klang entfaltet, so avancieren «Danse sacrée» und «Danse profane» zu einem verkappten Harfenkonzert. In Debussys impressionistischem Stil herrschen flirrende Quartenläufe vor, die Marika Cecilia Riedl virtuos beherrscht. Ergreifend, wenn im «sacrée» eine absteigende Linie, leiser und langsamer werdend, zum Verstummen kommt. Doch die Ruhe bleibt winzig. «Attacca» geht es weiter zum «profane» mit seiner wundervollen Stimmung, raschen Läufen und häufigen Wechseln Solo–Tutti. 

Ein brillantes Solistenduo

Hinten im Orchester nehmen je zwei Hornisten und Oboisten Platz für das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester C-Dur, KV 299 von Wolfgang Amadeus Mozart. An der Seite von Riedl steht jetzt die Flötistin Janine Allenspach. Ihr gilt – nach der mit dem bekannten Einleitungsmotiv gebrochene Akkord ab- und gleich wieder aufwärts – ein erstes Solo, die Harfe begleitet im Bass. Im zweiten Satz ist die Stimmung noch unbeschwerter, und die beiden Künstlerinnen kommen ausgiebig zu ihren Soli. Allenspach ist eine ebenbürtige Partnerin zur Harfenistin, entlockt ihrem Instrument sprudelnde Läufe, spielt unglaublich musikalisch, klangschön, warm und persönlich. Das Orchester begleitet die Solistinnen elegant, aufmerksam. Im letzten Satz lebt wiederum das ganze Ensemble auf, das Publikum honoriert die grossartige Leistung mit warmem Applaus, holt die Solistinnen zurück zu einer Zugabe von Jacques Iberts «Entr’acte».